Wildkraut des Monats Februar - Frühblüher

 

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Frühblüher

Wildkräuter im Februar "Frühblüher"

Heute wollen wir uns den Vorfrühlingsblühern näher widmen. Zum besseren Verständnis möchte ich euch auch etwas Botanik erklären. Wenn ich durch den Garten spaziere blühen schon Schneeglöckchen, Frühlingsknotenblumen, Christrosen, Winterlinge, Leberblümchen und Frühlings-Krokusse. Die Blätter von Narzissen, Sumpfschwertlilien, Aronstab und Scharbockskraut entwickeln sich zunehmend.
Bei einer Gartenbegehung mit Freunden wurde mir bei meiner Vorbereitung erst bewusst, dass es sich bei fast allen Pflanzen um sog. Giftpflanzen handelt ( vgl. Roth, Daunderer, Kormann „Giftpflanzen-Pflanzengifte). Meine Vermutung ist, dass sich die Pflanzen, - da sie ja die ersten im Jahr sind und noch dazu feucht-kalten Witterungsbedingungen ausgesetzt sind -, besonders gut vor Fraßfeinden und Verrottung schützen müssen.
Auffällig ist auch, dass alle o.g. Pflanzen zu den Lilien- oder Hahnenfußgewächsen zählen, in deren Reihen viele giftige  Vertreter zu finden sind.

Ein kurzer Ausflug in das Reich der Botanik:
Allgemein sind Frühblüher mehrjährig. Viele Frühblüher wachsen in der Au oder im Laubwald (im Nadelwald findet sich fast kein Unterwuchs). Sie bekommen noch genug Sonnenlicht, da fast kein Laub Schatten wirft, aber sind dennoch geschützt im alten Laub mit genug Feuchtigkeit im Boden. Wenn sich das Blätterdach verdichtet ziehen sich die Pflanzen wieder in die Erde zurück. Außerdem ist der Nektar dieser ersten Pflanzen lebensnotwendig für alle Insekten, die flugfähig überwintern, wie zum Beispiel der Zitronenfalter, der im Laub überwintert und den ihr jetzt überall flattern seht. Die Blüten sind meist gelb oder violett, da Insekten diese Farben besonders gut erkennen. Die weißen Blüten z.B. des Schneeglöckchen werden von den Bienen auch im Schnee erkannt, da die Blüten das UV-Licht stark reflektieren.
Fast alle Frühblüher stehen verständlicherweise als erste Insektennahrung unter Naturschutz!

Alle Arten der Liliengewächse (Liliaceae) sind Geophyten, d.h. ihre Speicherorgane liegen unter der Erde. Sie greifen auf die im Vorjahr gebildeten Nährstoffe zurück, die sie in unterirdischen Pflanzenteilen, wie Knollen (z.B. Herbstzeitlose), Rhizome (Maiglöckchen) oder Zwiebeln (Tulpe), gespeichert haben. Dies ermöglicht der Pflanze den schnellen Start.

Kennzeichen von Liliengewächsen: sie haben 1 Keimblatt = Einkeimblättler (Monocotyledonae), ihre meist schmalen Blätter sind ganzrandig und (meist) parallelnervig, die Stengel sind unverzweigt und die Blüten dreizählig, die Früchte dreikammerige Kapseln oder Beeren.
Zu den Lilienähnlichen (Liliiflorae) gehören nach dem dänischen Botaniker Dahlgren auch Agavengewächse, Aloen, Hyazinthen, Blausternchen, Orchideen, der Germer, die Tulpe, Einbeere (Paris quadrifolia), Lauch-Arten und viele andere (vgl. Botanica).

Zurück in unseren Garten:
Das Schneeglöckchen (Galanthus nivalis L.) Alle Teile sind giftig. Ihre Blüten und Zwiebeln werden oft von 1-7jährigen Kindern verzehrt.  In 25% der Fälle treten Übelkeit, Magen-Darmbeschwerden (Durchfall) auf. Nur in Ausnahmefällen wird ein Arzt gebraucht. Als 1. Hilfe wie bei fast allen giftigen Pflanzen: Kohle-Pulver eingeben oder Erbrechen lassen (s.o. Roth).

Inhaltsstoffe: Alkaloide wie Galanthamin, Lycorin u.a.
Verwendung in der Medizin: bei Muskelschwäche, Muskelerschlaffung (Atonie), Alzheimer-Erkrankung.
Ameisen sorgen für die Verbreitung. Dafür bieten ihnen die Samen des Schneeglöckchen protein- und fettreiche Anhängsel sog. Elaiosome als Leckerbissen.
Die Frühlings-Knotenblume (Leucojum vernum L.), auch Märzbecher genannt ist ebenfalls giftig. Sie hat ähnliche Alkaloide wie das Schneeglöckchen und soll zudem herzwirksam sein. Die gelbe Narzisse (Narcissus pseudo-narcissus L.), ein Gartengewächs wird auch Osterglocke oder Märzbecher genannt (ihr seht warum der botanische Name so wichtig ist). Sie ist ebenfalls giftig. Vor allem die Zwiebel enthält viele Alkaloide. Kinder die mehr als eine Zwiebel gegessen haben sollten einen Arzt konsultieren! Auch das Blumenwasser ist giftig! Bei Erwachsenen die viel mit Narzissen hantieren, wie z.B. Gärtnern kennt man die sog. „Narzissendermatitis“, eine Hautentzündung, die zu längerer Arbeitsunfähigkeit führen kann.

Medizinische Verwendung in der Homöopathie gegen Bronchitis, Schnupfen und Durchfall.
Getrocknete Blüten sollen krampflösend und Sedativ sein, da die Narzisse außer den o.g. Alkaloiden auch lähmende Wirkstoffe besitzt. Die weiße Narzisse (N. poeticus) soll noch stärker wirken; sie wächst oft auf Bergwiesen.
Schneeglöckchen, Frühlingsknotenblume und Narzissen zählen unter den Liliaceae zu den Narzissengewächsen (Amaryllidaceae).

Frühlings-Krokus (Crocus vernus (L.) Hill.) hat wie sein kultivierter Verwandter, der Echte Safran (Crocus sativus L.) Giftstoffe. Vor allem in den gelb färbenden Narbenschenkeln (Stigmata ),als Safrangewürz bekannt, findet sich Crocin und Picocrin, dass in großer Dosis sogar tödlich enden kann. Nach einem kurzen Erregungsstadium mit Lachreiz folgen Blutungen, Delirien und Lähmungen des ZNS. Vor allem als Abortativum (10g) wurde Safran benützt, die letale Dosis beträgt 20g. Für 1g Safran werden ca. 120 Krokusblüten benötigt. Ihr seht Safran am besten kindersicher ins Gewürzregal stellen.
Verwendung in der Homöopathie gegen abnorm starke Menstruations- und Gebärmutterblutungen.

Die Sumpfschwertlilie (Iris pseudacorus L.) zählt wie auch die Krokusse zu den Schwertliliengewächsen (Iridaceae) und ist giftig+. Noch unerforschte „Scharfstoffe“ sind hautreizend, Brechreiz- und Durchfall erzeugend.
Verwendung in der Homöopathie bei depressiver Migräne, Trigeminus-Neuralgie…

Auch die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale L.) und das Maiglöckchen (Convallaria majalis L.) muß ich kurz darstellen, da bald die Zeit kommt in denen ihre Blätter zusammen mit dem beliebten Bärlauch (Allium ursinum L.) in der Au wachsen können. Alle 3 gehören zu den Liliaceae.
Die Herbstzeitlose und das Maiglöckchen sind sehr stark giftig.
Deshalb ist es wichtig nur Pflanzen zu sammeln die ihr 100%ig kennt! Das lernt ihr am besten auf Kräuterwanderungen. Nützt jede Gelegenheit um an Wanderungen teilzunehmen, man lernt nie aus (auch ich nicht)!
Herbstzeitlosenblätter sind fleischiger als Bärlauchblätter, ihre dunkelgrüne Oberseite glänzt,  sie sind geruchlos und bitter. Außerdem wachsen sie wie „Tüten“, in der Mitte der Blätter erscheint im Frühling eine Kapsel mit Samen. 100g frische Blätter sind tödlich! Ein Nachbar meines Vaters starb vor Jahren an Herbstzeitlosenblättern, die er mit dem Bärlauch verwechselt hat. Seine Frau aß nur wenig von der Mahlzeit, weil es ihr zu bitter war und hatte gerade noch Glück. Auch der oft gehörte Ratschlag an den Blättern zu riechen ist wertlos, wenn die Hände vom Bärlauch schon nach Knoblauch riechen. Wichtig ist jede Pflanze einzeln zu pflücken, so geht ihr schon auf Nummer sicher, wenn ihr den Bärlauch kennt.
Verwendung in der Homöopathie v.a. als Gichtmittel

Beim Maiglöckchen wachsen aus einem runden Stängel 2 elliptische Blätter, die an der Unterseite glänzen.
In der Medizin ist sie ein wichtiges Mittel gegen Herzinsuffizienz  und Altersherz. Das Maiglöckchen hat 38 herzwirksame Glykoside.
Verwendung in der Homöopathie bei Herzwassersucht.

Verlassen wir die Lilienähnlichen Pflanzen und wenden wir uns noch kurz den anderen Frühlingsblühern in meinem Garten zu. Sie gehören zu den Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae)
Kennzeichen der Hahnenfußgewächse: sie haben 2 Keimblätter (Magnoliopsida); wechselständige, geteilte bzw. gegliederte Blätter; die Blüten sind vielfältig und haben viele Staubblätter; sie besitzen meist zahlreiche Fruchtknoten, die jeweils von 1 Fruchtblatt gebildet werden; die Früchte sind meist Balg- oder Nußfrüchte.

Die Christrose (Helleborus niger L.) wird  auch Schwarze Nieswurz genannt, da die Wurzel früher in Schnupftabak gemischt wurde (heute verboten). Sie ist sehr stark giftig. Vergiftungen sind wie beim Fingerhut (Digitalis), als deren Ersatz sie auch dient: Übelkeit, brennender Durst, Tod durch Atemlähmung
Verwendung in der Homöopathie bei Wassersucht (v.a. mit Herzschwäche), Epilepsie, Gehirnhautentzündung, Psychosen…
Im Mittelalter wurden die Wurzeln in Wein gekocht gegen Geisteskrankheiten verwendet.
Der Winterling (Eranthis hiemalis), dessen Blätter erst nach der Blüte erscheinen, ist stark giftig. Er enthält  Herzglykoside, die im Übermaß zum Herzstillstand führen können.
Auch das Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis L.) ist stark giftig und hat eine Digitalis ähnliche, nur mildere Wirkung.
Das Leberblümchen (Hepatica nobilis Miller) ist giftig. Die Alkaloide Protoanemonin und Anemonin, die  sich in fast allen Hahnenfußgewächsen finden sind frisch giftig und können Magen, Darm und Niere reizen. Getrocknet verlieren sie an Wirksamkeit. Das ist auch der Grund, dass Tiere auf der Weide den Hahnenfuß nicht fressen, aber als Heu verfüttert kein Problem darstellt. Protoanemonin und Anemonin sollen das Wachstum von Tuberkel-Bazillen, Streptokokken, Staphylokokken und Diphteriebazillen hemmen. Man kennt auch die sog. „Hahnenfußdermatitis“. Beim Pflücken können bei empfindlichen Menschen Hautjucken bis Blasenbildung auftreten (Protoanemonin).
Verwendung in der Homöopathie bei Leberstauung und chronischer Bronchitis

Das Buschwindröschen (Anemone nemorosa) ist auch giftig. 30 frische Pflanzen sollen tödlich sein!
Das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria L.) blüht erst ab Mitte März. Deswegen könnt ihr die jungen Vitamin C reichen Blätter jetzt noch in den Salat oder aufs Brot tun. Wenn die Pflanze blüht steigt der Alkaloidgehalt von Protoanemonin (s.o.). Die jungen Blätter sind blutreinigend, entzündungshemmend, schmerzlindernd und werden auch gegen Venenleiden und Hämorrhoiden gebraucht. Im Volksmund wird sie auch Frühsalat und Gichtblatt genannt.
Die Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris Mill.) blüht ab März und ist giftig. Zum Schutz vor Kälte ist sie mit seidigen Haaren bedeckt.
In der Homöopathie ist sie ein klassisches Frauenmittel (schmerzhafte oder ausbleibende Menstruation)

Zu den Hahnenfußähnlichen (Ranunculoidae) zählen u.a. auch der sehr stark giftige Eisenhut, die Clematis, Pfingstrose, Schöllkraut, Mohn, Erdrauch, Sumpfdotterblume, Akelei, Berberitze, Mahonia und der Hohle Lerchensporn (Corydalis cava), der im März die Au in betörenden Duft einhüllt.
Hoffentlich habe ich euch mit meinen Aufzeichnungen nicht abgeschreckt. Wichtig ist Pflanzen sicher bestimmen zu lernen. Außerdem macht die Dosis das Gift! Noch dazu sind fast alle aufgeführten  Pflanzen unter Naturschutz! Lasst den Nektar den Insekten. Auch die Unsitte die ersten. „Palmkätzchen“ abzuschneiden, solltet ihr überdenken. Freut euch lieber an den ersten Bienen. Ohne die Insekten als Bestäuber hätten wir nicht viel zu essen! Freuen wir uns zusammen mit ihnen an dem wieder erwachenden Frühling.

Eure Birgit

Literatur:

  • „Pflanzenkunde“ von Schmeil, Quelle und Meyer Verlag
    (kennt ihr vielleicht noch als Schulbuch)
  • „Botanica“ Das ABC der Pflanzen, ein Nachschlagewerk
    über 10.000 Arten in Text und Bild (auch Garten und ausländische Pflanzen), Könemann Verlag Köln
  • „Giftpflanzen Pflanzengifte“ von Roth, Daunderer und Kormann,
    Verlag (gab es mal für 10 Euro im Weltbildverlag)
    Das war’s wieder einmal.
    Eure Birgit Garnweidner


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Bilder © www.kraeuterschule.com

Frühblüher

Buschwindröschen im Frühjahr
Frühlingsknotenblume im Garten
Erste Schneeglöckchen
Huflattichblüten im Februar
Männliche Haselnussblüte
Schöllkraut an geschützten Plätzen
Schneeglöckchen in Altötting
Aronstab stark giftig
Buschwindröschen in Mühldorf