Wildkraut des Monats Januar - Vogelmiere

 

Kräuter, Wildkräuter und leckere Rezepte

Neues aus der Kräuterschule

Vogelmiere

Wildkraut im Januar "Vogelmiere"

Heute möchte ich euch die Vogelmiere (Stellaria media (L.) Vill.) vorstellen.
Bei uns in der Kräuterschule fehlt diese wohlschmeckende, Vitamin- und Mineralstoffreiche Wildpflanze in fast keinem Essen. Die fast überall vorkommende, meist niederliegende Pflanze mit ihren winzigen, weißen sternförmigen  Blüten (Gattungsname lat. stellaris= sternförmig) wächst das ganze Jahr. Die Vogelmiere gehört zur Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae).  Im Volksmund heißt die Vogelmiere auch Hühnerdarm, entweder weil die oft schlaff am Boden liegenden Stängel an Gedärm erinnern oder wegen dem zähen Faden in den Stängeln; außerdem lieben alle Vögel und Hühner die Pflanze. 

Fast jeder Gärtner, Bauer und Weinbauer kennt die Vogelmiere, weil sie sofort blank liegende, „verletzte“ Erde besiedelt und richtige Pölsterchen bildet.. Die Vogelmiere ist wahrscheinlich das weltweit am weitesten verbreitete Unkraut - ein echter Kosmopolit. Sie ist auch ein Archäophyt (= gr. alte Pflanze; im Gegensatz zu Neophyt = neue Pflanze; vgl. Ind. Springkraut).  Seit der jüngeren Steinzeit ist sie ein stetiger Begleiter des Menschen. Die Vogelsternmiere, wie sie auch manchmal genannt wird, gilt als Hackunkraut. Vor allem im Mittelalter und bis zur Zeit des Wirtschaftsaufschwungs wurden diese sog. Hackunkräuter, zu denen z.B  die Melde oder das Franzosenkraut zählt, als wichtige, gesunde Zweiternte neben den angebauten Kulturpflanzen mit abgeerntet. Vom Herbst bis zum Frühjahr waren die abgeernteten Felder sogar für jedermann zum Sammeln der Wildkräuter zugänglich. Dieses Wildkräuterwissen verschwand in unserer Überflussgesellschaft und wird heute, v.a. von renommierten Wildpflanzenköchen, wieder entdeckt (vgl. Steffen Fleischhauer).

Inhaltsstoffe: viel Vitamin A (Carotin) und Vit C; viele Mineralstoffe v.a. Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Kieselsäure, Chlor; Saponine,; Gerbstoffe, Eiweiß, etwas Rutin …
150g Vogelmierenkraut decken den Tagesbedarf eines Erwachsenen an Vit C, Eisen und Kalium! Nur 50g Kraut decken schon den Tagesbedarf an Vit C.

Medizinische Anwendung : Lungenleiden, TBC und Bronchitis, Stoffwechsel anregend –auch geeignet für die Schlankheitskur, Cholesterin senkend; gegen Verstopfung, rheumatische Beschwerden, zur Blutreinigung, bei Anämie, gegen Hämorrhoiden, zur Rekonvaleszenz, zum Abstillen; bei Hautkrankheiten auch Ausschlägen, juckenden Ekzemen und der Schuppenflechte (ein Versuch wert!); sie zieht und absorbiert Gifte aller Art; sie soll sogar gegen Elephantiasis wirksam sein. Ihr seht eine super gesunde Pflanze, die nicht umsonst den Menschen „verfolgt“.

Zubereitung: das frische oder getrocknete Kraut als Tee- Aufguss (bis zu 3 Tassen pro Tag), ein stärkerer Aufguß auch äußerlich als Waschung oder ins Badewasser; als Packung: Pflanzenteile mit wenig Wasser kochen und in Gaze auf der Haut fixiert (v.a. bei Geschwüren); als Tinktur; als Salbe; als Presssaft; als Öl

Wildkräuterküche: klein geschnitten als Salat auch solo; in Suppen , zu Gemüse, als Spinat, Pesto, Quark, Joghurt; Tzaziki, in Brotteig, Omelette, Spätzle, in Öl oder Essig. Ihr seht bei diesem wohl schmeckendem Kraut sind euren Kochphantasien keine Grenzen gesetzt!

Vogelmieren-Suppe: etwas Butter oder Öl im Topf erhitzen; 1 klein gehackte Zwiebel darin anrösten; 3 Hand voll fein geschnittene Vogelmiere dazu geben und mit 1l Brühe aufgießen, einige Minuten kochen; evtl. das Ganze pürieren und  mit süßer oder saurer Sahne servieren;
Beachten: das Kraut immer fein schneiden, da die Stängel einen zähen Faden haben. Ich hätte schon fast meinen Pürierstab deswegen aufgearbeitet.
Tipp: jetzt im Winter könnt ihr auch noch Gänseblumenblätter und Blüten (hübsche, essbare Deko) ins Essen geben; evtl. findet ihr auch noch vereinzelt grüne Wegerich- und Löwenzahnblätter( nur wenig dazugeben, da sie bitter schmecken) ; junges Labkraut; junge Walderdbeer- und Brombeerblätter; die zarteren Blätter der Rosette des gewöhnlichen  Hirtentäschel; Taubnessel usw.
Alles  sehr gesunde, vitaminreiche Kräuter!
Wildpflanzen haben im Durchschnitt einen 4-5Mal höheren Vitamin- und Mineralstoffgehalt als Kulturpflanzen!

Wildkräuter- Sammeltipp: Wenn ihr keinen Garten habt um Hackunkräuter zu ernten, könnt ihr auch beim Biobauern fragen, ob ihr auf seinen ungespritzten Feldern Wildpflanzen ernten dürft. Im Sommer findet ihr dort auch Kamille, Stiefmütterchen und viele andere Heilpflanzen, die gern auf Äckern gedeihen.
Sogar im Blumentopf siedeln sich Vogelmiere, Franzosenkraut, Brennnessel etc. gern an. Ich finde es immer aufregend zu beobachten, was sich alles in meinen Töpfen sonst noch einfindet.  Die Vogelmiere macht sich sogar ganz gut als hängende Ampelpflanze.

Beim Ernten schneidet ihr die Vogelmiere entweder mit einer Schere ab, oder ihr zwickt die grünen, noch saftigen Triebe einfach mit den Fingernägeln ab.  Ihr könnt die Vogelmiere das ganze Jahr frisch ernten. Sie hält sich auch im Kühlschrank einige Tage frisch. Natürlich könnt ihr sie auch trocknen (dünn auslegen, da sie wegen der saftigen Stängel leicht schimmelt).
Die Vogelmiere erkennt ihr an ihrem runden, saftigen Stängel der nur auf einer Seite mit kleinen Härchen besetzt ist (1 reihig behaart).Mit diesen Härchen nimmt sie auch Tau auf, weshalb sie keine tiefen Wurzeln braucht. Außerdem haben ihre milchweißen Blüten purpurne Staubgefäße. Untrüglich ist natürlich ihr Geschmack nach jungen Maiskolbchen oder Erbsen - lecker!
Jetzt im Winter könntet ihr sie mit Ehrenpreis (Veronica) verwechseln, der auch kleine Rasen bildet und eine Heilpflanze ist. Ab Frühling könntet ihr sie mit anderen Sternmieren-Arten ( Stellaria spec.) verwechseln, wobei alle Arten essbar sind.

Gartentipp: Die Vogelmiere gilt als Zeigerpflanze für Stickstoff. Sie schützt den Boden auch im Winter vor Austrocknung und ist so ein hervorragender Bodendecker (lebender Mulch). Wenn sie stört lassen sich die zarten Wurzeln leicht ausreißen. Sie verbessert den Kompost (Kieselsäure). An ihrem leicht zugängigen Nektar können  sich auch Insekten mit kurzem Rüssel laben. Und nicht zu vergessen die Vögel, die besonders die Samen lieben. Eine Pflanzengeneration produziert mehr als 10.000 Samen pro Jahr! In England wurde die Vogelmiere z. Zt. Königin Elisabeth der 1.(1533-1603) als Futter für in Gefangenschaft gehaltene Singvögel angeboten. Könnt ihr natürlich heute auch noch verfüttern. Auf Italienisch heißt die Vogelmiere auch „erba canaria“. Hühner sollen sogar mehr Eier legen!
Als Wetterprophetin sollen die Blüten, wenn sie ganz geöffnet sind mind. für die nächsten 4 Stunden Sonnenschein voraussagen. Sind die Blüten nach 9Uhr noch geschlossen solltet ihr den Regenschirm mitnehmen.

Homöopathie: die Urtinktur bis zur Verdünnung D2 bei Gelenkrheuma, Gicht, Leberleiden, Psoriasis
Info: Teilweise findet ihr noch den alten botanischen Namen Alsine media L. als Mittelbezeichnung
Weitere Infos, Kochrezepte und Fotos findet ihr in den Suchmaschinen und bei wikipedia
Buchtipp: „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“ von Steffen Guido Fleischhauer, AT-Verlag; ein echtes Nachschlagewerk über 1500 Pflanzen Mitteleuropas und ihre Verwendung in der Küche mit Grundrezepten und vielen, schönen Fotos. Steffen macht auch  in Freising bei München Wildkräuterkochkurse. www.essbare-wildpflanzen.de
Wenn ihr selbst leckere Rezepte habt, könnt ihr sie gern direkt auf unserer Rezeptseite eingeben. Würde mich freuen
Eure Birgit

TIPP: Kräutergeschichte von Ilka   Das wundersame Sternenkraut

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Wildpflanzenwanderungen und Informationen zur Ausbildung findet Ihr auch unter www.krauterschule.com