Buch TIPP:

Tausendgüldenkraut - Großmutters Hausmittel bei Magen-Darm Störungen

   


Wildkraut des Monats August - Tausendgüldenkraut

 

Kräuter, Wildkräuter und leckere Rezepte

Neues aus der Kräuterschule

Echtes Tausendgüldenkraut

Wildkraut im August "Echtes Tausendgüldenkraut"

Centaurium minus Moench
Gentiana centaurium L.
Centaurium erythrea

“Überdrüssig meiner Schulden
will ich ein paar Tausend-Gulden-
Kräuter in den Garten pflanzen.
Jahr um Jahr will ich den ganzen
Guldenschatz zusammenlegen,
Kunst und Wissenschaften pflegen,
und zum Kummer meiner Erben
einst als Kräuterkrösus sterben.”

Karl-Heinrich Waggerl, Heiteres Herbarium

In Vertretung für Birgit Garnweidner schreibe ich im August über “Neues aus der Kräuterschule” und habe mir dafür das Tausendgüldenkraut ausgewählt, das jetzt im August gerade noch blüht. 

Das Tausendgüldenkraut ist ein sehr hübsches, aber nicht leicht zu entdeckendes Blümchen. Das “schüchterne Pflanzenfräulein mit rosa Schleier und lindgrünem Blättermantel” (Fischer-Rizzi, Medizin der Erde) wächst versteckt inmitten der Gräser auf Waldwiesen und Wegrainen, deren Schutz es braucht, damit es ihm nicht zu heiß und nicht zu kalt wird. Es blüht nur vormittags und mittags in der Sonne auf und wird dann von seinen Liebhabern besucht, verschiedenen Faltern, die auch die Bestäubung besorgen. Es schließt seine Blüten am Nachmittag, aber auch bei Abkühlung, Verdunkelung, Berührung und herannahendem Regen und ist dann nur noch schwer zu sehen.
Mindestens seit dem Altertum ist das Tausendgüldenkraut ein bekanntes und hoch geschätztes Heilmittel. Das kommt auch in den vielen Namen zum Ausdruck, die ihm sowohl in der Botanik wie auch im Volk gegeben wurden.
Botanische Namen: Centaurium Minus Moench., Gentiana centaurium L., Centaurium erythrea, Erythrea centaurium, Centaurium umbellatum Gil., Centaurium vulgare Raf., Centaurodes centaurium O. Kuntze, Chironia centaurium Curt.

Volksnamen: Aderntee, Agrinken, Allerweltsheil (eines von vielen!), Apothekerblume, Aurin, Erdgalle, Fieberkraut, Gallkraut, rotes Garbenkraut, Gartenheide, Gottesgnadenkraut, Geschoßkraut (von Geschoß = Hexenschuss), Himmelblümlen, Hundertgüldenkraut, Hundsbisskraut, Laurin, roter Laurin, Margeriten, Muttergotteskraut, Potrak, Santor, Schmeckeblume, Sintau, “Stah up un gah weg” (Steh auf und geh weg), Tausendkraft, Tollhundskraut, Tsantali, Unserer Lieben Frau Bettstroh, Unserer Lieben Frau Wegstroh, Verschreikräutel.

Muttergottes- bzw. Liebfrauenkräuter waren immer Kräuter, die ursprünglich der Großen Göttin heilig waren und meist nicht nur große Heilkraft (Allerweltsheil, Tausendkraft), sondern auch magische Kräfte besaßen (Verschreikräutel). So gehörte das Tausendgüldenkraut auch zum Kräuterbuschen, der im August gebunden und gesegnet wurde.

Botanik:
Das Tausendgüldenkraut ist eine ein- bis zweijährige Pflanze und gehört zur Familie der Enziangewächse (Gentianaceae), die sich dadurch auszeichnet, dass alle Mitglieder viele Bitterstoffe enthalten.
Die sehr hübsche, aber eher unscheinbare Pflanze wird 10 bis 30 cm hoch und hat einen sehr aufrechten, vierkantigen Stängel, der sich erst oben beim Blütenstand verzweigt. Die kleinen Blätter sind länglich oval, mit fünf parallel laufenden Blattnerven, und sitzen gegenständig am Stängel, am Boden bilden sie eine Rosette. Der Blütenstand ist eine Trugdolde. Die trichterförmigen Blüten (sie sehen aus wie kleine Enzianblüten) haben fünf, manchmal auch vier Blütenblätter und sind rosarot. Sie öffnen sich erst bei 20 o C und duften ganz zart aromatisch. Die Pflanze blüht von Juni bis August. Die Staubbeutel drehen sich nach dem Verblühen spiralig zusammen. Die Wurzel ist zart und hellgelb. Das gesamte Tausendgüldenkraut schmeckt stark und anhaltend bitter.
Es wächst zerstreut auf Wiesen, Waldlichtungen und Trockenhängen (z.B. am Inndamm), liebt kalkreiche, lehmige und warme Böden, passt sich aber auch an andere Standortverhältnisse an. Es kommt bis in Höhen von 1400 m in ganz Europa vor, im Süden bis Nordafrika, im Osten bis zum Kaukasus und dem Iran.
Das Tausendgüldenkraut gehört zu den streng geschützten Pflanzen und darf deshalb nicht gepflückt werden. In der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen habe ich es allerdings nicht gefunden.

Man kann es wie Karl-Heinrich Waggerl im Garten aus Samen ziehen. Gesammelt wird das blühende Kraut ohne Wurzel von Juli bis August. Man schneidet das Kraut ein paar Zentimeter über dem Boden ab, bündelt einige Pflanzen lose zusammen und hängt sie an einem schattigen, gut durchlüfteten Ort zum Trocknen auf. Die Droge (=das getrocknete Kraut), die man in der Apotheke bekommt, heißt Herba Centaurii.

Der “NHV Theophrastus – Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus von Hohenheim, gen. Paracelsus e.V.” wählte im Jahr 2004 das Tausendgüldenkraut zur “Heilpflanze des Jahres.”

Inhaltsstoffe:
Das Tausendgüldenkraut gehört zu den sog. Amara, den Bitterstoffdrogen, das sind Pflanzen, bei denen die Wirkung der Bitterstoffe ganz im Vordergrund steht. Diese Amara werden wiederum in drei Untergruppen aufgeteilt. Das Tausendgüldenkraut gehört zur Untergruppe der Amara tonica, das sind Pflanzen, bei denen die Bitterstoffe so viel Raum einnehmen, dass die weiteren Bestandteile unwichtig sind. Dazu gehören außerdem noch der Enzian und der Bitterklee. Das Tausendgüldenkraut hat einen Bitterwert von 1:3500, d.h. noch in einer 3500fachen Verdünnung wirkt und schmeckt es bitter. Auch die daraus gewonnene Bachblütenessenz Centaury schmeckt bitter. Bachblütenessenzen werden aus den Blüten gewonnen, und beim Tausendgüldenkraut sind  die meisten Bitterstoffe in der Blüte enthalten.

Mythos und Geschichte:
Die Pflanze war schon im Altertum hoch geschätzt und wird bereits bei Hippokrates, Aristoteles, Plinius, Dioskorides und anderen berühmten antiken Ärzten genannt. Die Römer nannten es fel terrae (=Erdgalle).
Der Name Centaurium geht auf den weisen, heilkundlichen Zentauren Chiron zurück, ein Fabelwesen der griechischen Mythologie, halb Mensch, halb Pferd, der die griechischen Helden Herakles, Achilles, Iason und Asklepios belehrt und ihnen die Heilkunde beigebracht haben soll. Er  hat der Sage nach mit dem Tausendgüldenkraut schwer zu heilende Wunden erfolgreich behandelt. Als diese Geschichte vergessen wurde, leitete man den Namen vom lateinischen centum = hundert und aureus = golden/gülden ab. Im Mittelalter wurde dann aus dem Hundertguldenkraut das Tausendgüldenkraut, in manchen Gegenden wurde es sogar zum Dreitausend-, Hunderttausend- und Millionenguldenkraut – so wertvoll erschien es den Menschen damals. In vielen Geschichten und Sagen wurde ihm zugeschrieben, dass es nicht nur Gesundheit ins Haus bringen, sondern auch das Geld mehren, den Reichtum des Wäscheschranks fördern und - als Teil des Kräuterbuschens -  Haus und Hof vor Blitzschlag schützen könne.
Wie die Ärzte der Antike schätzten auch die Kräuterkundigen des Mittelalters die Heilpflanze sehr hoch. Hieronymus Bock (genannt Tragus) schrieb über sie: “diß krätlin is gemein bitter / darum es erdgallen genennet / führet allen unrath aus dem Leib / tödet un treibet aus die gewürm / die todte frucht un frawenblödigkeit / stillet das darmgicht / colicam unnd alle andere Bauchwehe und Leibeswehe.” Was der gute Bock wohl unter Frauenblödigkeit verstand?
Auch die Kräuterkundigen der neueren Zeit lobten das Tausendgüldenkraut. Kräuterpfarrer Kneipp meinte: “Der Name lautet auf eine hohe Summe, die Hilfe spendet das Kraut einem jeden umsonst.”

Heilwirkung:
Das Tausendgüldenkraut wirkt in erster Linie gärungshemmend, es regt die Tätigkeit der Magen-, Darm- und Speicheldrüsen an und stimmt die ganze Magen- und Darmtätigkeit gründlich um. Vor allem fördert es den Stuhlgang, beseitigt Verstopfung und leitet Magengase und Stauungen ab. Es stellt also in Magen und Darm wieder die natürliche Ordnung her und bewirkt, dass die Verdauung richtig funktioniert, wirkt aber auch auf Leber und Galle. Es beseitigt auch hier mangelnde Tätigkeit, heilt Leberstörungen, Gallenkoliken, Gelbsucht usw. Aus dieser regelnden, reinigenden und stärkenden Heilwirkung folgt auch eine Vermehrung des Blutes bei Blutarmut sowie die Normalisierung eines gestörten  Kreislaufs. Nicht zuletzt verschwinden auch körperliche und seelische Müdigkeit und Erschöpfung, die ja oft auf Krankheitserscheinungen in Magen und Darm zurückgehen.

Kommission E: Die Droge bewirkt die Steigerung der Magensaftsekretion, wird bei Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden angewendet. Gegenanzeigen, Neben- und Wechselwirkungen sind nicht bekannt.

Volksheilkunde:
Bei hartnäckiger Verstopfung und Leberleiden bereitet man ein Klistier aus gleichen Teilen Tausendgüldenkraut, Löwenzahn und Quecke.
Bei Magenschwäche, Magendrücken oder Magenkatarrh bereitet man eine Teemischung aus Tausendgüldenkraut, Enzianwurzel, Kalmus und Kamille.
Magenbitter, die Tausendgüldenkraut enthalten, und Tausendgüldenkrautwein (Rezepte findet man bei Richard Willfort, Gesundheit durch Heilkräuter und Susanne Fischer-Rizzi, Medizin der Erde) werden bei vielerlei Magen- und Verdauungsproblemen empfohlen.
Tausendgüldenkraut ist auch ein Frauenheilmittel und beseitigt Regelstörungen.

Bachblütenessenz
Das Tausendgüldenkraut  (engl. Centaury) ist eine der 38 Bachblütenessenzen. Seine Themen Durchsetzungskraft – Abgrenzungsfähigkeit – Identität haben, finde ich,  viel zu tun mit der Erscheinung der Pflanze und ihrem zurückhaltenden Auftreten.

Centaury wird nämlich eingesetzt bei Menschen, die Schwierigkeiten haben sich durchzusetzen oder Nein zu sagen, aus Angst andere zu verletzen, bei Menschen, die sich leicht beeinflussen lassen, die sehr gutmütig und hilfsbereit sind und anderen nur schwer eine Bitte abschlagen können, die dazu neigen, sich im Einsatz für andere zu überfordern, die häufig nicht die eigenen Wünsche verfolgen und dadurch das eigene Lebensziel vernachlässigen, die zu Anpassung und Unterwürfigkeit neigen, die Angst vor Autoritäten haben und sich mächtigen Menschen gegenüber ohnmächtig fühlen, bei Menschen mit Helfersyndrom, Schüchternheit, Opferhaltung, Selbstverleugnung.
Die Blütenessenz fördert die Fähigkeit sich abzugrenzen, den Ablösungsprozess von den Eltern, das Erwachsenwerden, die Fähigkeit Nein zu sagen, die Entwicklung der Willenskräfte, Ichstärke (siehe die aufrechte Haltung der Pflanze), Integrität, Individualität und Ausdauer. Sie hilft den Menschen, bei sich zu bleiben, sich besser zu wehren, sich nicht ausnützen zu lassen, den eigenen Standpunkt zu vertreten, sich selbst und ihre Wünsche nicht aufzugeben, konfliktfähiger zu werden, sich Raum zu nehmen.

Anwendung in der Tierheilkunde:
Tausendgüldenkraut gibt man den Pferden ins Grünfutter oder ins Heu, wenn sie Blut harnen. Der Teeabsud wird zum Reinigen von Wunden verwendet und für feuchte Umschläge auf Wunden. Bei Fressunlust, Abmagern und körperlichem Verfall gibt man Kühen, Pferden und Schafen eine Teemischung aus Tausendgüldenkraut, Wermut und Enzian ein. Auch bei Verstopfung oder Durchfall gibt man den Tieren Tausendgüldenkrauttee.
Für alle, die einen etwas fantasievolleren Zugang zu der Pflanze suchen, habe ich ein Märchen geschrieben: “Prinzessin Rosalind”.
Viel Freude beim Aufspüren dieser wunderschönen Pflanze wünscht euch Ilka Kleinehellefort

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